Wenn ich mich über das Geschehen in der Welt informieren will, nutze ich die Medien. Erfahre ich da nun alles, was in der Welt geschieht? Nein, das geht ja gar nicht. Es passiert rund um die Uhr und zur gleichen Zeit überall auf der Welt so viel, dass kein Mensch dies alles verfolgen kann. Da ist es sehr hilfreich, dass Medienschaffende die Aufgabe übernehmen, Ereignisse zu sammeln, zu sondieren und für uns aufzubereiten.
Da die Medienschaffenden jedoch nicht über das gesamte Weltgeschehen berichten können, müssen sie eine Auswahl treffen und entscheiden, was nun in die Nachrichten des Tages aufgenommen wird. Was ist für das Publikum wichtig zu wissen? Wie kann die Information geprüft, eingeordnet und gegebenenfalls kommentiert werden? Welche Informationen müssen wegfallen? Worüber wird nicht berichtet? Am Ende steht die fertige Zeitung, der Radio- oder Fernsehbericht oder der Online-Beitrag. Das Publikum erhält dann eine Zusammenstellung von ausgewählten Nachrichten.
Die Informationen, die wir über Medienbeiträge vermittelt bekommen, bestimmen massgeblich mit, worüber wir nachdenken und diskutieren. Jedoch nicht, WIE wir dies tun.
Eine Theorie, die sich mit der Rolle der Medien für unsere Meinungsbildung beschäftigt, ist die Agenda-Setting-Theorie. Diese wurde in den 1960er Jahren vom amerikanischen Politikwissenschaftler Bernard C. Cohen erstmals formuliert und Anfang der 1970er Jahre von den beiden Kommunikationswissenschaftlern McCombs und Shaw weiterentwickelt. Agenda meint hier die Liste von Themen, die eine Regierung oder ein Parlament bearbeiten will.
Im folgenden Erklärfilm erfährst du, worum es in dieser Theorie geht.
Textversion zum Erklärfilm "Agenda Setting"
Die Agenda-Setting-Theorie beschäftigt sich damit, wie die Medien durch ihre Berichterstattung massgeblich mitbestimmen, worüber die breite Öffentlichkeit nachdenkt und diskutiert. Dies kann besonders wichtig sein, wenn es um gesellschaftliche oder politische Fragen geht. Wir nutzen Medien, um informiert zu sein und um zu wissen, was in der Welt passiert. Medien können jedoch nicht über alles gleichermassen berichten. Medienschaffende müssen entscheiden, über welche Ereignisse sie berichten, wie oft und wie intensiv und welche Themen sie auslassen. Die Medien wirken somit als sogenannte Gatekeeper – also Torhüter. Sie legen fest, welche Themen an der Tagesordnung – also auf der «Agenda» – sind. So bestimmen Medien massgeblich mit, was wir vom Weltgeschehen wahrnehmen. Auf gewisse Themen werden wir überhaupt erst aufmerksam, weil in den Medien darüber berichtet wird. Auf andere Themen wird nicht hingewiesen, obwohl sie vielleicht ebenfalls wichtig wären. Andererseits orientieren sich Medien immer auch daran, was das Publikum interessieren könnte. Hier spielen aber auch Quoten und Reichweiten eine Rolle. In der Zeit, als die Agenda-Setting-Theorie entwickelt wurde, waren die traditionellen Massenmedien – also Fernsehen, Zeitung und Radio – die wichtigste Instanz für die Berichterstattung. Zu Zeiten des Internets und der Digitalisierung können wir uns auch jenseits dieser traditionellen Medien über das Weltgeschehen informieren und selbst Inhalte publizieren. Die Agenda-Setting-Theorie bleibt relevant und beschäftigt sich mit diesen weitreichenden Entwicklungen.
Zum Überlegen
- Die Agenda-Setting-Theorie nimmt auch in den Blick, inwiefern die Berichterstattung der Medien Einfluss auf die Politik hat und andersherum. Überlege dir ein Beispiel und skizziere anhand dessen die Zusammenhänge und Wechselwirkungen zwischen Medien und Politik und ihrer jeweiligen Agenda.
- Medien setzen sehr oft Schwerpunkte in ihrer Berichterstattung, die dann auch in Parlamenten diskutiert werden. Im besten Fall sind die Themen wirklich relevant. Kennst du Beispiele, wo Medien Themen aufbauschen, die eigentlich gar nicht wichtig sind?
- Inwiefern spielt die Art der Finanzierung von Medienbeiträgen in Agenda-Setting-Prozesse mit hinein? Wie sieht dies bei Medien mit öffentlichem Auftrag (z. B. SRF), Privatsendern, Influencer:innen oder Gratiszeitungen aus?