B3 | Beispielsituation Medienpädagogische Grundhaltungen – digibasics
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Prototyp zur Erprobung

B3 | Beispielsituation Medienpädagogische Grundhaltungen

Wenn es gelingt, die Perspektive zu wechseln und neugierig interessiert auf die Lebenswelt Heranwachsender zu blicken, können sich Ängste und Vorurteile relativieren und gute Gespräche auf Augenhöhe über Interessen, Bedürfnisse und mögliche Risiken und Sorgen stattfinden. 

Situation aus dem Alltag

Textversion zur «Situation aus dem Alltag»

Die Lehrerin Frida macht sich Gedanken über eine Schülerin in ihrer Klasse. 

Jana ist sechs Jahre alt und erzählt viel von Medienfiguren und Serien, mit denen sie ihre Freizeit verbringt. Dass die Sendung «Paw Patrol» bei Mädchen und Jungen in ihrer Klasse sehr beliebt ist, hat Frida schon mitbekommen.

Sie hat den Gesprächen darüber jedoch nicht wirklich Beachtung geschenkt. Vor allem auch, weil sie keinen richtigen Zugang zu diesen Serien findet. Die Kindersendungen, die sie damals gesehen hat, waren eindeutig besser. Nicht so bunt und schnell geschnitten. 

Vor allem findet Frida, dass Kinder ihre Freizeit doch besser medienfrei verbringen sollten. Vor allem, wenn sie noch so jung sind. Frida weiss, dass ihre Stellenpartnerin Susanne hier eine etwas andere Haltung hat als sie.

Susanne hat die Schüler:innen sogar eine Collage zum Thema «Mein Medienleben» malen und kleben lassen, auf der die Kinder ihre Medienvorlieben und Lieblingsfiguren darstellen konnten.

Was hier bei der Vorstellung der Collagen im Sitzkreis bei ihrer Schülerin Jana herauskam, bestätigt Fridas Sorgen, denn Janas Alltag scheint nur selten medienfrei zu sein.

Jana besitzt einen CD-Player, eine Audiobox zum Abspielen von MP3s, ein eigenes Mikrofon zum Aufnehmen, einen elektronischen Stift, der Bilderbücher vorlesen kann, und viele andere Bilderbücher.  

Sie hat kontrollierten Zugriff auf das Fernsehen und das Tablet ihrer Mutter und schaut gern «Paw Patrol» und «Zoés Zauberschrank». Am liebsten guckt sie jedoch mit ihrem grossen Bruder (15) «How I Met Your Mother» und mit der ganzen Familie Disney-Filme.  

Während des Spielens und zwischendurch hört sie sich gern CDs mit Geschichten von «Conni» an. Vor dem Schlafengehen wird ihr oft vorgelesen. Am Wochenende chattet sie per Videochat mit ihren Grosseltern in Portugal.

In der Mittagspause wendet sich Frida an ihre Stellenpartnerin Susanne, um mit ihr Janas Medienausstattung und Mediennutzung zu besprechen.  

Im Rahmen des Gesprächs verweist Susanne auf eine Studie zur Mediennutzung von Kindern im Alter von 6 bis 12 Jahren, in der Frida nachschauen wird, ob Janas Medienalltag wirklich so «normal» ist, wie Susanne es schildert.  

Zum Überlegen

Wie deutest du Janas Alltag mit Medien? Inwiefern kann er als «normal» beziehungsweise «alterstypisch» bezeichnet werden mit Blick auf die Vorlieben und Janas Alter? Schau einmal in der aktuellen MIKE-Studie nach, was eine typische Mediennutzung von Kindern in Janas Alter ist.  

Wie erklärst du dir Vorlieben, die eher nicht altersgemäss sind? Überlege genau, was hinter Janas Vorlieben stecken könnte, und notiere dir deine Ideen in einem Mindmap.

Nach deinen eigenen Überlegungen können dir die nachfolgenden Gedanken von Lehrpersonen weitere Hinweise geben.

Gedanken von zwei Lehrpersonen

Textversion zu den Audiobeiträgen
Textversion zu den Audiobeiträgen

Person 1

Jana besitzt so viele Medien! Und wie oft sie die anscheinend über den Tag hinweg nutzt. Muss das denn alles elektronisch sein? Unsere Bilderbücher damals haben uns doch auch gereicht. Die Sendungen, die sie schaut, kenne ich nicht, aber ich habe davon gehört – «Paw Patrol» ist eine so aufgedrehte amerikanische Serie, in der ständig Aufregung herrscht. Das ist mir zu hektisch. Und den jungen Kindern bestimmt auch! Das andere, dieses «Zoés Zauberschrank», ist doch eine Serie, die eher für kleinere Kinder ist. Warum guckt sie denn so etwas noch? Jana sollte doch, wenn schon, etwas Altersgemässes schauen. Aber am besten aber gar nichts. Wo bleibt denn das Spielen draussen? Und «How I Met Your Mother»? Ist das nicht eine Sendung für Erwachsene? Das sollte sie schon einmal gar nicht schauen! Dazwischen hört sie auch noch Hörspiele. Ich würde hier eher dafür sorgen, dass das Kind nicht immer berieselt wird. Immerhin wird ihr noch vorgelesen. Und Skypen muss mit sechs ja wirklich noch nicht sein.  

Person 2 

Janas Medienausstattung ist altersgerecht. Und sie entspricht auch der von anderen Kindern in ihrem Alter – das zeigen aktuelle Studien. Hörmedien sind besonders beliebt. Was «Paw Patrol» betrifft, so richtet sich die Sendung an Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren. Bei Umfragen zu Lieblingssendungen ist «Paw Patrol» mit an erster Stelle und auch noch beliebt bei Älteren. Ich glaube, dass Jana diese Serie unter anderem toll findet, weil ihre Klassenkamerad:innen und Freund:innen sie auch schauen. Mit zunehmendem Alter spielt dieser Aspekt eine wichtige Rolle bei der Auswahl von Lieblingsmedien. Da geht es ums Mitredenkönnen, um gemeinsame Gesprächsthemen, und die Serie liefert Stoff für Rollenspiele. Die Sendung «Zoés Zauberschrank» ist zwar für Jüngere. Da geht es jedoch auch um Themen, die auch Sechsjährige noch interessieren können. Ausserdem kann es auch sein, dass die Sendung für Jana ein Gefühl von Sicherheit schafft und ihr eventuell das Zurückversetzen in die Zeit vor der Schule ermöglicht. Um genau herauszufinden, warum Jana diese Sendung so gerne schaut, würde sich ein offenes Gespräch mit ihr anbieten – vielleicht auch mithilfe einer Zeichnung, die sie gemacht hat. 

Dass Jana kontrollierten Zugriff auf Tablet und Fernseher hat, zeigt mir, dass ihre Eltern einen Blick auf ihre Mediennutzung haben. Beim Schauen von «How I Met Your Mother» mit ihrem älteren Bruder glaube ich, dass es da nicht nur um die Sendung selbst geht. Da geht es vielmehr um das soziale Miteinander, um das gemeinsame Ritual und Erlebnis. Die Inhalte der Sendung selbst sind für Jana sicher wenig spannend oder nachvollziehbar. Aber auch nicht besorgniserregend.  

Auch das abendliche Ritual mit dem Vorlesen vorm Schlafengehen scheint ihr und den Eltern wichtig zu sein.   

Durch Skype kann Jana die Beziehung zu ihren weit entfernten Grosseltern pflegen, das ist doch prima!