Vor bald zehn Jahren wurde mit dem Lehrplan 21 das «Modul Medien und Informatik» (1) eingeführt. Seither steht eine Vielzahl an Lehrmitteln, Schulungsunterlagen und digitalen Tools für den Informatikunterricht zur Verfügung, darunter auch die browserbasierte Software MIT App Inventor. Damit können Lehrpersonen gemeinsam mit ihren Schüler:innen eigene Handy-Apps entwickeln – ohne Programmierkenntnisse.
In Kürze zum Hören
Was ist der MIT App Inventor
Der MIT App Inventor wurde ursprünglich von Google entwickelt, um das Programmieren von Android-Apps zu erleichtern. Seit 2012 wird dieser am Massachusetts Institute of Technology (MIT) weiterentwickelt – mit dem Ziel, eine einfache und frei zugängliche Programmierumgebung für Bildungszwecke bereitzustellen. (2)
Das Tool verbindet digitales Lernen mit alltagsnahen Vorhaben, welche die Schüler:innen mithilfe des Tools umsetzen können. Gleichzeitig lernen sie Grundkonzepte der Informatik verstehen und praktisch anwenden. Der App Inventor bietet sich dank jahrelanger Weiterentwicklung und seiner Kompatibilität als Alternative und Ergänzung zu blockbasierten Programmierumgebungen an. (3)
Der App Inventor entspricht den weiterhin vorhandenen Bedürfnissen nach niederschwelligen Zugängen zur informatischen Grundbildung und dem Wunsch nach Verbindung von informatischen Anliegen mit solchen des interdisziplinären Unterrichts, des kreativen Arbeitens und der Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Damit knüpft der App Inventor nahtlos an die Inhalte des Moduls «Einblicke Informatik» von digibasics an. (4)
Einstieg ohne Hürden
Eine App für das eigene Smartphone entwickeln, das klingt nach Informatikstudium oder Hightech-Labor. Dabei geht es auch ganz anders: Mit dem MIT App Inventor lassen sich Ideen direkt im Browser umsetzen – per Drag-and-drop mit farbigen Blöcken. Die Einstiegshürde ist niedrig und eröffnet neue Möglichkeiten für projektbasiertes Lernen im Unterricht. Lehrpersonen und Studierende können mit dem Tool schnell eigene App-Projekte umsetzen, auch ohne Programmiererfahrung. (5)
Der MIT App Inventor kommt ohne komplizierte Sprache oder technische Barrieren aus. Statt Code zu schreiben, verbinden die Nutzer farbige Blöcke, die wie Puzzleteile zusammenpassen.


Bild: Screenshot MIT App Inventor
Bild: Screenshot MIT App Inventor
Die visuelle Blockstruktur fördert das Denken in Modellen: Komplexe Abläufe werden schrittweise vereinfacht und abstrahiert – ein zentrales Prinzip der Informatik. Dieses wird im Kapitel «Abstraktion und Modelle» im Lernmodul «Einblicke Informatik» erklärt. (6)
Statt Code zu schreiben, verbinden die Nutzer farbige Blöcke, die wie Puzzleteile zusammenpassen.
Der App Inventor stellt den Nutzer:innen zwei Ansichten zur Verfügung, einer Design-Ansicht und einer Block-Ansicht. In der Design-Ansicht gestalten die Schüler:innen die Bedienoberfläche der geplanten App, in der Block-Ansicht entwickeln sie die zugrunde liegende Programmlogik. Beides läuft ohne Installation direkt im Webbrowser, vorzugsweise in Google Chrome. Die entwickelten Apps können per QR-Code direkt auf ein Android Smartphone oder Tablet übertragen werden. Für Apple-Geräte (iOS) müssen die Apps entweder konvertiert werden oder man lässt sie direkt mit der Inventor-App laufen.
Der Einstieg gelingt über einfache Übungen zur Erstellung einer App mit Tierlauten oder ein Farb-Zeichenprogramm. Solche Aufgaben zeigen den Lernenden: Ich kann meine eigenen Ideen verwirklichen. Und genau das motiviert – besonders auch in der Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. (7) So lernen die Schüler:innen Schritt für Schritt, wie eine digitale Anwendung aufgebaut ist. Grundlegende Konzepte wie Ereignisse, Bedingungen oder Variablen werden verständlich und nachvollziehbar. Im App Inventor steuern Ereignisse das Verhalten – z. B. «wenn Button geklickt, dann Sound abspielen». Solche Abläufe entsprechen dem Prinzip der «Koordination», dass im gleichnamigen Kapitel des Lernmoduls «Einblicke Informatik» erklärt wird. (8)
Digitale Ideen kreativ umsetzen
Die Arbeit mit dem App Inventor fördert informatische Grundkompetenzen, stärkt das Problemlöseverhalten und lässt sich mit Arbeitsaufträgen in anderen Fächern kombinieren. Projekte wie die Entwicklung eines Taschenrechners oder einer Umrechnungs-App verbindet das informatische Lernen mit Inhalten aus anderen Fächern (10).
Auch in Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) lassen sich digitale Projekte mit realem Bezug entwickeln. So kann etwa eine App programmiert werden, mit der Lernende den Stromverbrauch verschiedener Geräte im Haushalt schätzen und vergleichen. Die App nutzt einfache Schieberegler für Nutzungsdauer und Verbrauch pro Gerät und berechnet daraus den täglichen Energiebedarf. So entsteht ein persönliches Energieprofil, das im Unterricht diskutiert werden kann – etwa im Zusammenhang mit Klimazielen oder nachhaltigem Verhalten. (11).
Die Arbeit mit dem App Inventor fördert informatische Grundkompetenzen und stärkt das Problemlöseverhalten.
Zur Begabungsförderung und für Projektwochen
Der MIT App Inventor eignet sich auch für die Begabungsförderung. Lernende können eigene Ideen umsetzen, sie entscheiden, wie komplex ihre App werden soll, und beschreiten individuelle Lernwege. So verbindet der App Inventor Kreativität mit Technik und stärkt digitale Kompetenzen nachhaltig. Im Unterricht lässt sich der App Inventor leicht einsetzen: mit klar strukturierten Aufgaben, kooperativen Arbeitsformen und echten Produkten als Ergebnis. Besonders in Projektwochen, MINT-Camps oder offenen Lernformaten entfaltet das Tool sein Potenzial.
Neugier wecken
Mit dem MIT App Inventor gestalten Lernende digitale Werkzeuge selbst – intuitiv, kreativ und mit echtem Mehrwert: So entwickeln sie ein Verständnis für technologische Zusammenhänge, stärken ihre Problemlösekompetenz und erleben Selbstwirksamkeit im Umgang mit digitalen Medien. Für Lehrpersonen bietet das Tool einen einfachen Zugang zu informatischer Bildung, der sich flexibel in unterschiedliche Unterrichtskontexte einfügt. Der App Inventor motiviert, verbindet Fächer und fördert das Denken in Strukturen. Ein ideales Werkzeug für zeitgemässen Unterricht mit digitalen Mitteln. (12)
Autoren: Michael Dunst (PH Graubünden), Matthias Müller (PH Graubünden)
19.6.25
Zur Vertiefung
- Modul «Medien und Informatik» im Lehrplan 21 (2016)
- Informationen zum MIT App Inventor
- Technische Einführung in App Inventor: Funktionen, Sensoren und Hardware-Anbindung
- digibasics Lernmodul «Einblicke Informatik»
- Einsteigerübungen mit Schritt-für-Schritt-Anleitung: «Hallo Katze» und «Farbtopf»
- digibasics Lernmodul «Einblicke Informatik», Kapitel «Abstraktion und Modelle»
- Klaus, Julien; Schenk, Christine Ulrike; Reinhardt, Sebastian; Müller, Matthias (2024). Erste Schritte in der App-Entwicklung.
Eine Unterrichtsreihe des Sommercamp Informatik zum MIT App Inventor 2. MNU Journal, 5 (77). - digibasics Lernmodul «Einblicke Informatik», Kapitel «Koordination»
- Müller, Matthias (2018). Der Ableger: Wie programmiere ich eine App für mein Smartphone? Die Wurzel, 1/18, 17-22.
- Digitale Projekte im Unterricht mit App Inventor: Übersicht mit Beispielen und Materialien
- Projektideen für MINT, NMG und BNE: u. a. Galtonbrett, Umrechnungs-App, Taschenrechner
- App Inventor in der Lehrpersonenbildung: Erfahrungsberichte und Umsetzungsideen
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