Wes Cockx & Google DeepMind / Better Images of AI / AI large language models / CC-BY 4.0

#KünstlicheIntelligenz
ChatGPT im Klassenzimmer 

ChatGPT hat innert kürzester Zeit eine enorme Verbreitung erreicht und das Echo in den Medien war gross. Während das Tool von einigen als Beginn einer neuen Ära gefeiert wird, betrachten es andere als potenzielle Bedrohung. Schnell hat sich gezeigt, dass auch das Bildungssystem vor neue Herausforderungen gestellt wird. Es ist daher wichtig, dass sich Lehrpersonen mit ChatGPT auseinandersetzen, um Anwendungen im Unterricht sowie den unreflektierten Einsatz durch Schüler:innen zu erkennen. 

In Kürze zum Hören

Was ist ChatGPT? 

Im Wesentlichen handelt es sich um einen KI-gesteuerten Chatbot, der in der Lage ist, Spracheingaben zu «verstehen», Bilder und Dokumente zu «interpretieren» und Dialoge in unterschiedlichen Sprachen zu führen. Da Chatbots aktuell weder Selbstwahrnehmung haben, noch über emotionale Intelligenz, echtes Verständnis oder so etwas wie Vernunft verfügen, sind sie nicht im eigentlichen Sinne «intelligent». Dennoch sind sie in der Lage, all dies erstaunlich überzeugend zu simulieren. Texte werden aufgrund statistischer Wahrscheinlichkeit begonnen und fortgeführt. Die scheinbare Intelligenz von ChatGPT beruht auf der Mustererkennung in enormen Mengen von Trainingsdaten. Der Chatbot verfügt nicht über ein echtes Verständnis der eigegebenen oder generierten Texte, was gelegentlich zu Falschaussagen oder frei erfundenen Angaben (sogenannten Halluzinationen) führt. Die aktuelle Version von ChatGPT (Stand Dezember 2023) wurde mit Texten aus dem Internet bis 2021 trainiert. Neuere Versionen können aber bereits Webinhalte durchsuchen und über Plugins diverse Datenbanken und Webdienste nutzen, um bessere Antworten zu liefern. ChatGPT eignet sich bis anhin nur beschränkt zur Generierung von Faktenwissen. Ausgegebene Daten müssen deshalb kritisch auf Plausibilität und inhaltliche Korrektheit überprüft werden. 

ChatGPT kann nicht nur Schreibaufgaben übernehmen, sondern bietet auch Raum für kreatives Brainstorming und Individualisierung des Unterrichts. 

Unterrichtsvorbereitung mit ChatGPT 

ChatGPT dient nicht nur als hilfreiches Werkzeug beim Formulieren von Texten wie Briefen oder Zusammenfassungen, sondern bietet auch Möglichkeiten für kreatives Brainstorming und die individuelle Gestaltung des Unterrichts. Hierzu einige konkrete Anwendungsbeispiele: 

  • Kreatives Schreiben: Lehrpersonen können ChatGPT nutzen, um inspirierende Schreibaufgaben zu entwerfen, die Schüler:innen dazu motivieren, sich auf neue und anregende Weise mit Sprache auseinanderzusetzen. 
  • Vorbereitung des Fremdsprachenunterrichts: ChatGPT übersetzt Texte in nahezu jede Sprache, was Lehrpersonen dabei unterstützt, Unterrichtsmaterialien in der Zielsprache zu erstellen oder zu adaptieren. Darüber hinaus können interaktive Dialogszenarien entworfen werden, die dann im Unterricht als Übungen oder Rollenspiele Verwendung finden. 
  • Individualisierung: ChatGPT kann dabei helfen, komplexe Texte zu vereinfachen, um Lernmaterialien an unterschiedliche Sprachniveaus anzupassen. Es lassen sich auch Transkripte von YouTube-Videos erstellen, die als Basis für Diskussionen oder Aufgaben dienen. Darüber hinaus unterstützt ChatGPT Lehrpersonen dabei, Übungsaufgaben in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen zu generieren. 
  • Erstellung von Quiz und Tests: ChatGPT bietet Lehrpersonen die Möglichkeit, Fragen oder Übungstexte zu einem bestimmten Thema sowie in unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen von Lückentexten bis zu Multiple-Choice-Fragen zu generieren, was das Erstellen von Arbeitsblättern und Übungsaufgaben beschleunigt. 
  • Generierung von Kriterienrastern: Durch Eingabe spezifischer Anforderungen oder Kriterien, erstellt ChatGPT detaillierte und personalisierte Bewertungsraster. 
  • Brainstorming: ChatGPT lässt sich als Brainstorming-Werkzeug für eine Vielzahl von pädagogischen Aktivitäten nutzen, beispielsweise um Ideen für Lernspiele zu generieren, inspirierende Einstiege und Abschlüsse für Lektionen zu entwerfen, passende Analogien für komplexe Konzepte zu finden («Erkläre Kernfusion so, dass es ein Kind versteht.») und kreative Texte wie Theaterstücke, Gedichte oder Geschichten zu erstellen. 

Chat GPT im Unterricht

Lernende unter 18 Jahren sollten ChatGPT nur mit bestimmten Vorgaben nutzen. Bei einem Einsatz im Unterricht gilt es, eine Registration mit einer E-Mail-Adresse zu vermeiden. Es gibt verschiedene Anbieter, die entsprechende Lösungen anbieten und Bestrebungen zum Datenschutz unternehmen (schulki.de, fobizz.com, schabi.ch), indem sie die Metadaten aus der Kommunikation mit den Chatbots herausfiltern. 

Aber auch diese Tools schützen nicht davor, dass Schülerinnen und Schüler den Chatbot mit persönlichen Daten füttern. Wie bei allen Onlinediensten erfordert der Einsatz von ChatGPT im Unterricht einen Aufbau entsprechender Medienkompetenzen sowie enge Begleitung der Aktivitäten. Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann ChatGPT sinnvoll im Unterricht genutzt werden.  

Neben anwendungsorientierten Fertigkeiten brauchen Lernende auch Grundlagenwissen – sowohl zur technologischen als auch zur gesellschaftlich-kulturellen Perspektive.

  • Deutschunterricht (oder Erstsprachunterricht) 
    • Arbeitsweise im Schreib-Tandem: Schüler:innen arbeiten mit ChatGPT zusammen, wobei die sie einen Satz oder Absatz schreiben und ChatGPT darauf aufbauend weiterschreibt. Dies kann den Schreibprozess interaktiver und unterhaltsamer gestalten. 
    • Vorschläge zur Verbesserung eigener Texte: ChatGPT kommt als Werkzeug zur selbstständigen Überprüfung und Verbesserung von Grammatik, Syntax und Stil zum Einsatz. 
  •  Sachunterricht  
    • Erstellung von Gliederungen und Abläufen für Vorträge: ChatGPT wird genutzt, um Schüler:innen bei der Strukturierung von Vorträgen zu unterstützen. 
    • Gespräche mit historischen Personen: In einem simulierten Chat übernimmt ChatGPT die Rolle einer historischen Person. 
    • Sammeln von Pro- und Kontraargumenten für Debatten: ChatGPT unterstützt die Schüler:innen dabei, fundierte Argumente für Debatten aus unterschiedlichen Perspektiven zu entwickeln. 
  • Fremdsprachenunterricht 
    • Erstellung von Wortlisten zu bestimmten Themenbereichen: ChatGPT generiert thematische Wortlisten in einer Fremdsprache. 
    • Durchführung von Sprachspielen: ChatGPT kann in verschiedene Sprachspiele integriert werden, um das Sprachenlernen interaktiver und unterhaltsamer zu gestalten. 
    • ChatGPT als Dialogpartner: ChatGPT übernimmt die Rolle eines Muttersprachlers bzw. einer Muttersprachlerin, um Schülerinnen und Schüler bei der Verbesserung ihrer mündlichen oder schriftlichen Kommunikationsfähigkeiten zu unterstützen. 
  • Hausaufgabenbetreuung 
    SchülerInnen stellen ChatGPT Fragen zu einer Vielzahl von Themen und erhalten in der Regel genaue und verständliche Antworten. Dies kann dazu beitragen, dass Schüler:innen ihre Hausaufgaben selbstständiger erledigen können und soziale Ungleichheiten kompensiert werden (z.B. Unterstützung durch die Eltern). 

Um Auswirkungen, Chancen und Grenzen von KI-Technologien einschätzen zu lernen, brauchen Schülerinnen und Schüler zusätzlich zu anwendungsorientierten Fertigkeiten (Wie nutze ich das?) auch Grundlagenwissen – sowohl zur technologischen (Wie funktioniert das?) als auch zur gesellschaftlich-kulturellen Perspektive (Wie wirkt das?). Diese Aspekte können im Rahmen des Medien- und Informatikunterrichts vertieft werden. 

Autor:innen: Luca Botturi (SUPSI Locarno) und Janine Trütsch (PH Zürich)

Zur Vertiefung

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