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A2 | Digital oder analog?

Was sind Lernmedien?

Lernmedien sind alle analogen und digitalen Mittel, die Informationen darstellen oder Kommunikation ermöglichen. Sie können im Unterricht gezielt eingesetzt werden, um Lernprozesse anzuregen, zu unterstützen oder zu überprüfen. Mit technologischen Entwicklungen hat sich die in der Schule die Palette der verfügbaren Lernmedien stetig erweitert. Neben Tafel, Buch, Arbeitsheft, Wandkarte und Modellen, gehören heute auch Apps, Lernprogramme, digitale Dokumente, Vide, Audio bis hin zu Games und Simulationen dazu.
Wichtig ist dabei sich analoge und digitale Lernmedien ergänzen. Ein pauschale Einteilung in „alte“ und „neue“ Unterrichtsmedien ist irreführend. Denn «Altes» ist nicht automatisch veraltet und «Neues» nicht per se besser. Entscheidend sind dabei immer die inhaltliche Qualität des einzelnen Mediums, seine Einbettung in den Lernkontext und die Nutzung seiner spezifischen Potenziale.

In der Slideshow sind immer jeweils ein digitales und ein analoges Medium gegenübergestellt.

Überlegen Sie sich zu diesen Bildern:

  • Welche Vorteile bietet die analoge Variante?
  • Welche Vorteile bietet die digitale Variante?
  • In welchem Anwendungsfall würde ich die analoge oder digitale Variante einsetzen?

Das Vergegenwärtigen der Vor- und Nachteile eines Mediums kann bei der Auswahl helfen, denn beide Varianten haben ihre spezifischen Stärken und Schwächen. Welche Form sinnvoll ist, hängt immer vom Lernziel, vom Inhalt und vom Kontext ab. Entscheidend ist, dass Lernende befähigt werden, sowohl im digitalen als auch im analogen Raum kompetent zu lernen und zu arbeiten. Beides gehört heute zu den zentralen Kulturtechniken.

Die folgende Einordnung skizziert mögliche Stärken und Grenzen beider Varianten. Sie ist beispielhaft und nicht abschliessend.  

1 Stromkreislauf (Experiment vs. Erklärvideo)

Analog – Chancen
– handlungsorientiert, unmittelbares Feedback (z.B. Lampe leuchtet)
– Fehlerkultur durch Ausprobieren
– „Begreifen“ durch Anfassen

Analog – Grenzen
– Material- und Zeitaufwand
– begrenzte Wiederholbarkeit

Digital – Chancen
– Visualisierung unsichtbarer Prozesse
– pausieren/wiederholen jederzeit möglich

Digital – Grenzen
– passives Rezeptionsformat

2 Bauen mit Würfeln (Würfel vs. Simulation in GeoGebra)

Analog – Chancen
– Haptik fördert räumliches Denken
– gemeinsames Tüfteln

Analog – Grenzen
– Varianten/Grösse limitiert
– Dokumentation aufwendig
– Material- und Platzbedarf

Digital – Chancen
– schnelle Variation mit Parametern
– 3D-Ansichten, Messen, Speichern/Teilen
– keine Materialkosten

Digital – Grenzen
– abstrakter ohne Haptik
– Dokumentation leicht möglich (Screenshots, Bildschirmvideos, teilen von Dateien)
– fortgeschrittene Bedienkompetenz nötig
– Scheinpräzision möglich: Lernende verwechseln Modell-Genauigkeit mit Wirklichkeit

3 Insekten beobachten (Insektenglas vs. AR-App)

Analog – Chancen
– echtes Naturerlebnis
– Beobachtung mit mehreren Sinnen, draussen sein
– Verantwortung/Tierschutz thematisierbar

Analog – Grenzen
– Verfügbarkeit saison-/wetterabhängig
– Belastung für das Tier
– Ekel/Angst möglich

Digital – Chancen
– Artenvielfalt jederzeit verfügbar
– vergrössern & Innenleben zeigen ohne Eingriff
– Zusatzinfos & Vergleich verschiedener Insekten

Digital – Grenzen
– Distanz zur realen Natur
– Realismus/Qualität variieren je nach App (z.B. falscher Massstab, Farben)

4 Memory

Analog – Chancen
– soziale Interaktion am Tisch
– Sprachförderung/Argumentieren

Analog – Grenzen
– fixer Kartensatz
– Auswertung manuell
– Abnutzung/Verlust

Digital – Chancen
– veränderbare Sets (z.B. nach Thema oder Jahreszeit)
– Audio-Ergänzung möglich –> Barrierefreiheit und Fremdsprachigkeit
– automatisches Feedback/Statistiken
– Differenzierung durch anpassbare Kartenanzahl

Digital – Grenzen
– zusätzliche Bildschirmzeit
– Ablenkung/Bedienung

5 Lernkarten

Analog – Chancen
– überall ohne Strom einsetzbar
– freies Sortieren/Clustern
– hoher Fokus
– zusätzlicher Lerneffekt, wenn Karten von Hand geschrieben werden

Analog – Grenzen
– keine automatische Wiederholungsplanung
– schwer teilbar
– keine Multimedia Integration

Digital – Chancen
– Spaced-Repetition (verteilte Wiederholung) & Lernstands-Tracking
– Audioausgabe in Fremdsprache
– Klassen-Sets leicht teilen/klonen

Digital – Grenzen
– Accounts/Datenschutz
– Geräteabhängigkeit
– Zusatzfunktionen können ablenken

6 Story Cubes

Der Unterschied zwischen den Varianten ist sehr gering, vorausgesetzt, dass bei beiden Varianten der Schreibprozess analog stattfindet.

Analog – Chancen
– Kein Material nötig, wenn bspw. zu Hause damit gearbeitet wird

Digital – Grenzen
– Bedienung kann Kreativfluss bremsen

7 Zuordnungsaufgabe (Karten vs. LearningApps)

Analog – Chancen
– bewegtes Lernen
– dialogische Fehlersuche
– flexible Ad-hoc-Anpassung

Analog – Grenzen
– Feedback verzögert
– Erstellungs-/Kopieraufwand
– geringe Wiederverwendung

Digital – Chancen
– sofortiges Feedback
– Wiederverwendbarkeit und Teilen
– Differenzierung, Einbettung in Lernumgebungen

Digital – Grenzen
– oberflächliches Klicken / geringe Verarbeitungstiefe
– Datenschutz wenn Schüler:innen Logins benötigen

8 Notizen strukturieren (Whiteboard vs. MiroBoard)

Analog – Chancen
– spontan & niedrigschwellig
– haptisch, alle im Raum involviert
– Fokus ohne Ablenkung

Analog – Grenzen:
– schwer teilbar/archivierbar
– Platz begrenzt
– Abwesende ausgeschlossen

Digital – Chancen
– kollaborativ synchron/asynchron
– unendliche Fläche
– Medien/Links
– Versionierung & Teilbarkeit

Digital – Grenzen
– Datenschutz
– technische Hürden lenken ab

Medien aus 4 Perspektiven verstehen

Medien sind mehr als nur Werkzeuge oder Geräte. Sie sind Teil unserer Kommunikation, unserer Wahrnehmung und unserer Kultur. Um Medien im Unterricht sinnvoll einzusetzen, lohnt sich ein genauer Blick: Was macht ein Medium eigentlich aus? Wie wirkt es? Wie wird es genutzt?

Technische Perspektive: Medien als Träger von Signalen

Medien lassen sich nach ihrem technischen Aufwand und ihrer Kommunikationsform unterscheiden. In dieser Perspektive werden Medien vor allem als technische Mittel der Informationsübertragung verstanden.
Beispiele: Bücher, Zeitungen, Tafel, Fernseher, Tablets, Internetseiten
Typische Frage: Welche Technik wird gebraucht, um die Botschaft zu übermitteln?

Ein Buch braucht Papier und Drucktechnik, für eine PowerPoint-Präsentation braucht es einen Laptop und die entsprechende Software.

Der Medienwissenschaftler Harry Pross unterscheidet vier Medientypen:

MedientypBeschreibungBeispiele
PrimärmedienKommunikation ohne Technik, von Mensch zu MenschSprache, Mimik, Gestik
SekundärmedienSender braucht Technik, Empfänger nichtBuch, Zeitung
TertiärmedienTechnik auf beiden SeitenFernsehen, Radio, Video
Quartärmedien (Fassler)Digitale, interaktive Medien mit beidseitiger KommunikationInternet, soziale Medien, Chat, E-Mail, Lernplattformen

Diese Einteilung hilft zu verstehen, wie viel Technik nötig ist, um ein Medium zu nutzen und wie sich die Rolle der Nutzenden verändert (z. B. vom blossen Empfangen zum aktiven Mitgestalten).

Wahrnehmungstheoretische Perspektive: Medien sprechen unsere Sinne an

Hier steht die Wirkung von Medien auf unsere Wahrnehmung im Mittelpunkt. Medien unterscheiden sich danach, welche Sinne sie ansprechen, also ob wir etwas lesen, hören oder sehen.

 Beispiele:

  • Visuelle Medien wie ein Schaubild oder ein Text
  • Auditive Medien wie ein Podcast
  • Audiovisuelle Medien wie ein Lernvideo mit Sprechertext

Typische Frage: Über welchen Sinneseindruck wird die Information aufgenommen?

Semiotische Perspektive: Medien als Zeichensysteme

Hier geht es um Bedeutung. Medien sind demnach Träger von Zeichen – und diese Zeichen müssen verstanden werden, damit Kommunikation gelingt.
Beispiele: Sprache, Schrift, Symbole, Bilder, Emojis

Typische Frage: Wie wird Bedeutung vermittelt – und wie wird sie entschlüsselt?

Beispiel: Das Wort „Feuer“ ist ein Symbol, das wir gelernt haben zu deuten.
Ein Bild von einem Feuer ist ein ikonisches Zeichen, eine Flamme ein indexikalisches Zeichen (es verweist auf Feuer).

Quelle: Schaumburg & Prasse, 2019

Diese Perspektive zeigt, wie wichtig das Vorwissen beim Verstehen von Medieninhalten ist.

Systemisch-kulturtheoretische Perspektive: Medien in sozialen Kontexten

Diese Perspektive geht über das Medium selbst hinaus. Sie sieht Medien als Teil eines gesellschaftlichen Rahmens mit bestimmten Regeln, Normen und Institutionen. Medien sind somit kulturelle Werkzeuge, die Bildung, Teilhabe und gesellschaftliche Entwicklung beeinflussen.

 Beispiele: Chat-Dienst, Online-Nachrichtenportal, Schulradio
 Typische Frage: Wer kommuniziert mit wem, unter welchen Bedingungen und warum?

Die Kultur, in der ein Medium genutzt wird, bestimmt die damit verbundenen Regeln: z. B. wie in einem Klassenchat kommuniziert wird oder wie ein Nachrichtenportal Meinungen prägt.

Unterscheidung: analog – digital – hybrid – interaktiv

Medien können unterschiedliche Formen annehmen. Eine wichtige Unterscheidung ist die zwischen analogen und digitalen Medien mit zwei Zwischenformen:

  • Analoge Medien: Diese Medien geben Informationen in kontinuierlicher, nicht-digitaler Form weiter. Die Zeichen sind für uns direkt erfassbar z. B. Buchstaben auf Papier oder Bilder auf einem Plakat.
  • Digitale Medien: technologiegestützt, Informationen werden verarbeitet, gespeichert oder erzeugt durch Programme.
  • Hybride Medien: Kombinationen aus analogen und digitalen Elementen. Ein klassisches Beispiel ist ein Arbeitsblatt mit einem QR-Code, der zu einem Lernvideo führt.
  • Interaktive Medien: ermöglichen Rückmeldung, Beteiligung und aktives Lernen. Sie sind fast immer digital, aber nicht jedes digitale Medium ist interaktiv.

Die folgende Grafik zeigt den vielfältigen Werkzeugkasten an analogen und digitalen Lernmitteln, aus dem Lehrpersonen auswählen können, um Lernprozesse gezielt zu unterstützen.