AI Chatbot
Bild: Adobe Stock

#KünstlicheIntelligenz
Chatbot als persönlicher Lernassistent

Oft staunen Kinder, wenn Erwachsene von einer Zeit ohne Smartphones, iPads und soziale Medien erzählen. So wie Zehnjährige sich kaum eine Welt ohne technische Gadgets vorstellen können, halten es heute auch viele für undenkbar, irgendwann eine Maschine als kompetenten Diskussionspartner stets zur Seite zu haben. Mit dem Aufkommen intelligenter Bots sind wir aber bereits an diesem Punkt angelangt.

In Kürze zum Hören

Wo die Wurzeln liegen

Der Wunsch, mit einer Maschine zu kommunizieren, geht bereits auf die 50er- und 60er-Jahre des letzten Jahrhunderts zurück. Als Anfang gilt das im Jahr 1950 von Alan Turing entwickelte «Imitationsspiel» (später in Turing-Test unbenannt), in dem getestet wird, ob eine Maschine eine Testperson in schriftlicher Konversation bezüglich ihrer wahren Identität täuschen kann (1). Der Turing-Test ist nicht unumstritten (2), aber das Bestehen des Tests wird auch heute noch als Indiz für künstliche Intelligenz herangezogen.

Im Jahr 1966 entwickelte Joseph Weizenbaum am Massachusetts Institute of Technology (MIT) den ersten Chatbot namens ELIZA, der in Anlehnung an einen psychotherapeutischen Frage-Antwort-Dialog ein Gespräch simulierte (3)

Seitdem haben sich Chatbots zu Konversationsagenten und Assistenten weiterentwickelt, die Menschen binnen Sekunden Informationen liefern, Fragen beantworten und beim Verfassen von Texten unterstützen. Eine kürzlich in Science veröffentlichte Studie (4) zeigt, dass Chatbots sogar in der Lage sind, hartnäckige Gesprächspartner durch schlagkräftige Argumente eher zu überzeugen, ihre Meinung zu ändern, als es menschliche Diskussionspartner können.

Was ist ein Chatbot?

Ein Chatbot ist ein Programm, das mit Nutzerinnen und Nutzern
per Text oder Sprache interagiert. Dank der Fähigkeit, natürliche Gespräche zu simulieren, gewinnen Chatbots auch im Bildungsbereich an Bedeutung und Beliebtheit.

Chatbots werden als Lernagenten eingesetzt, um Studierende im Lernen zu unterstützen.

Bildungs-Chatbots übernehmen dabei vielseitige Aufgaben und Rollen: Sie unterstützen Studienanwärter:innen im Aufnahmeprozess oder bei der Beantwortung häufig gestellter Fragen. Immer öfter werden Chatbots zudem als Lehr- und Lernagenten eingesetzt, um die Arbeitslast von Lehrkräften zu reduzieren, Informationen zu beschaffen, und Studierende im Lernen gezielt zu unterstützen.

Persönlicher Lernagent: Wie funktioniert das?

Als Lehr- und Lernagenten haben Chatbots im Klassenzimmer, besonders in den Bereichen Informatik, Sprach- und Allgemeinbildung grosse Akzeptanz gewonnen.
Der Scratch-Chatbot (5) wurde entwickelt, um dem Mangel an Informatik-Lehrkräften mit Scratch-Programmierkenntnissen entgegenzuwirken.

Der Chatbot unterstützt Lernende bei der Lösung von Programmieraufgaben, indem sein Algorithmus basierend auf Stärken und Schwächen der Lernenden personalisierte Lernhinweise und Übungen vorschlägt.

Screenshots von ScratChatbot-Bedienoberflächen

ScratChatbot-Bedienoberflächen

Auch beim Sprachenlernen zeigen Chatbots viel Potenzial. Sie unterstützen Studierende dabei, ihre Sprech-, Hör-, Lese- und Schreibfähigkeiten zu verbessern.

Zum Beispiel kann der Chatbot BookBuddy (6), ein personalisierter Lesebegleiter für Kinder, beliebiges Lesematerial in eine interaktive, gesprächsbasierte Englischstunde verwandeln und den Kindern basierend auf Geschlecht und Interessen gezielte Lektüreempfehlungen geben.

Screenshot der BookBuddy-Chatbot-Bedienoberfläche.

Der Chatbot stellt dem Kind Fragen zum Buch Oh, Raccoon.

Der wohl bekannteste Sprachlern-Chatbot ist derjenige von Duolingo (7), der mit emotionalen Reaktionen und motivierenden Nachrichten zum Weitermachen anspornt.

Dank der integrierten OpenAI-Technologie GPT-4 können Lernende mit dem Chatbot interagieren und sich Fehler erklären lassen. Mit der neuen «Rollenspiel»-Funktion haben sie die Möglichkeit, ihre Konversationsfähigkeiten in realistischen Szenarien mit ausgewählten Charakteren zu üben.

Lernende können zum Beispiel mit Lin über Urlaubspläne sprechen, in einem Pariser Café einen Kaffee bestellen oder mit dem Charakter Eddy Möbel einkaufen.

Jede Unterhaltung mit dem Chatbot ist so einzigartig wie mit einem echten Gesprächspartner. Am Ende erhalten die Lernenden von Duolingo ein personalisiertes Feedback bezüglich Richtigkeit und Komplexität ihrer Antworten sowie Tipps für künftige Gespräche.

Screenshot von Duolingo Rollenspiel mit einem Bot Feedback

Duolingo Rollenspiel mit einem Bot Feedback

digibot als motivationaler Agent

Lernmotivation ist ein zentraler Faktor und beim Online-Lernen nicht einfach zu vermitteln. Um sie zu steigern, nutzen einige Chatbots Gamification-Elemente, zum Beispiel Belohnungen in Form von Punkten und Abzeichen.

Zudem können Chatbots die Motivation und das Engagement beim Online-Lernen durch die Strategien der Selbstreflexion und Selbstbewertung fördern.

Der digibot motiviert die Lernenden, sich intensiver mit den Lerninhalten auf digibasics.ch auseinanderzusetzen.

Basierend auf der kognitiven Selbstregulationstheorie haben die Autor:innen von digibasics den regelbasierten Chatbot digibot (5) für die Lernumgebung entwickelt, um das selbstgesteuerte Lernen zu unterstützen.

digibot von digibasics

digibot lädt die Nutzerin oder den Nutzer zur Interaktion ein.

Der regelbasierte (d. h. derzeit ohne künstliche Intelligenz funktionierende) digibot ist ein interaktives Selbstreflexions- und Selbstbewertungstool, das die Lernenden dazu anregt, über ihre Erfahrungen und ihr Interesse an digitalen Kompetenzen nachzudenken.

Der digibot motiviert die Lernenden, sich Lernziele zu setzen und sich intensiver mit den Lerninhalten auf digibasics.ch auseinanderzusetzen. Starten Sie Ihre Konversation mit digibot direkt hier: www.digibasics.ch. Weitere Details zum digibot finden Sie hier: (8)

Forschung gefordert

Obwohl immer mehr wissenschaftliche Studien die positiven Effekte von Chatbots auf das Lernen belegen (9), bleibt in der Forschung noch viel zu tun. Risiken und Auswirkungen von Chatbots müssen weiterhin gründlich untersucht werden, um das Potenzial von Chatbots im Bildungsbereich optimal zu nutzen.  

In einem aktuellen Fall aus den USA hat ein Kunde eines Autohändlers bemerkt, dass deren Chatbot auf ChatGPT basierte und diesen mit einem Trick dazu gebracht, ihm ein Auto für einen Dollar zu verkaufen. Obwohl rechtlich nicht bindend, zeigt dieses Beispiel auf, dass Chatbots auch ihre Grenzen haben und ein Einsatz wohlüberlegt sein muss. Die Antworten von Chatbots klingen zwar oft formal plausibel, sind inhaltlich jedoch häufig falsch – ein Phänomen, das als «Halluzinieren» bezeichnet wird. 

Die Risiken und Auswirkungen von Chatbots müssen weiterhin gründlich untersucht werden.

Generell muss man sich dessen bewusst sein, dass innovative Technologien Lücken aufweisen und für Missbrauch anfällig sind. Eines ist jedoch sicher: Der technische Fortschritt lässt sich nicht aufhalten und künftige Neuerungen werden auch die Entwicklung von Chatbots weiter vorantreiben.

AI-Disclaimer

Dieser Beitrag wurde mit Unterstützung von MAXQDA, einer Software für die Analyse qualitativer Daten, verfasst (10). Die Autoren interagierten dabei mit dem integrierten Chatbot der MAXQDA AI Assist Funktion, um sich über die ausgewählte Literatur zu Chatbots im Bildungsbereich auszutauschen. Dieser Artikel ist somit auch ein Produkt der kritischen Interaktion der Autoren mit dem intelligenten Chatbot.

Autoren: Victoria Mirata (FFHS), Christof Imhof (FFHS)

6.1.25

Zur Vertiefung

  1. Computing Machinery and Intelligence/ Können Maschinen denken? Link: Turing, Alan M.: Computing Machinery and Intelligence / Können Maschinen denken? | Reclam Verlag
  2. Minds, brains, and programs. Link: https://doi.org/10.1017/S0140525X00005756
  3. Eliza: Link https://www.med-ai.com/models/eliza.html.de
  4. Durably reducing conspiracy beliefs through dialogues with AI. Link: DOI: 10.1126/science.adq1814
  5. ScratchThAI:  https://doi.org/10.1007/s10639-021-10870-z
  6. Bookbuddy: Link: https://doi.org/10.1145/3330430.3333643
  7. Duolingo: Link: Duolingo Max Uses OpenAI’s GPT-4 For New Learning Features
  8. Digibot as a motivational self-reflection tool. Link:  https://doi.org/10.21125/edulearn.2024.1573
  9. Generative AI chatbots in higher education Link:  https://doi.org/10.1007/s10734-024-01288-w
  10. Qualitative Datenanalyse mit MAXQDA. MAXQDA | Official Site | All-In-One Tool for Qualitative Data Analysis

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