Suchst du ein passendes Bild für deine Präsentation? Möchtest du einen Blogbeitrag illustrieren? Oder einfach prokrastinieren und etwas Neues ausprobieren? Mit KI-basierten Bildgeneratoren wie Midjourney ist all das möglich. – Noch nie war es so einfach, mittels Text-to-Image-Tools Bilder für ganz unterschiedliche Zwecke zu kreieren. Es gibt also gute Gründe, KI und Bildgeneratoren in der Schule zum Thema zu machen.
In Kürze zum Hören
Wie funktioniert das?
Um ein Text-to-Image-Tool zu nutzen, gebe ich als User eine sprachliche Anweisung (einen sogenannten «Prompt») ein und erhalte wenige Augenblicke später ein Bild. An diesem Prompt feile ich so lange, bis ich mit dem generierten Bild zufrieden bin. Dabei kann ich unterschiedliche Parameter vorgeben, also sehr genau mitteilen, was ich möchte: Bildformat, Stil, Perspektive, Farbstimmung und vieles mehr. Für Tipps zu den ersten Schritten und verfügbaren Parametern siehe «Zur Vertiefung» unten. (1)
Text-to-Image-Tools verwenden ein «grosses Sprachmodell», ein sogenanntes Large Language Model (LLM), um Bilder aus sprachlichen Anweisungen zu generieren. Das LLM wird anhand eines riesigen Datensatzes von Texten und Bildern trainiert, damit das Sprachmodell die Bedeutung der Texteingaben «versteht» und Bilder generiert, die zu diesen Bedeutungen passen.
Das Large Language Model der Bildgeneratoren ist mit Daten von Menschen gefüttert und trainiert worden und kann somit typische gesellschaftliche Verzerrungen aufweisen.
Leg los!
Du hast es noch nie versucht? Ein niederschwelliger Einstieg könnte zum Beispiel Bing Image Creator sein. Log dich mit deinem Microsoft-365-Account ein und generiere einige Bilder deiner Wahl. Es lassen sich selbstverständlich auch andere Bildgeneratoren verwenden. Hier eine unvollständige Auswahl:
- Midjourney (Damit wurden die Beispiele in diesem Beitrag erstellt.)
- Dall-E (OpenAI)
- Stable Diffusion
- Adobe Firefly
- Fobizz KI-Tools
- Copilot (bald in Microsoft-365 integriert / Vor der Nutzung von Microsoft Copilot mit Lernenden werden wohl vorher etwelche datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden müssen)
Das KI-Konzept mit Studierenden visualisieren
Inspiriert von Neele Hirsch (siehe «Zur Vertiefung» unten; 2.) hat Andi Brugger (PHSH) mit Studierenden der PH Schaffhausen im Herbst 2023 abstrakte Sachverhalte visualisiert. Ausgehend von der Frage «Wie stellst du dir eine KI vor?» formulierten die Studierenden in Tandems Prompts für Midjourney. Das gemeinsame Nachdenken über Vorstellungen zu KI diente der Reflexion.
Eine gewisse «Prompt-Engineering-Kompetenz» ist nötig. Also die Kompetenz, zielführende sprachliche Anweisungen zu verfassen.
In einem weiteren Schritt verglichen die Studierenden die erhaltenen Bilder mit ihren eigenen Vorstellungen, verfeinerten die Prompts und liessen sich neue Bilder generieren. Es war eindrücklich zu sehen, dass sich auf diese Weise abstrakte Themen visualisieren liessen. Die Übung zeigt, dass Bilder nach der ersten Eingabe oft noch nicht brauchbar sind, da sie noch nicht dem inneren Vorstellungsbild entsprechen. Es braucht daher einiges an Prompt-Arbeit, um wirklich passende Bilder erzeugen zu lassen. So kann ein Beitrag zur Entwicklung gewisser Fertigkeiten beim Formulieren von Prompts («Prompt-Engineering-Kompetenz») geleistet werden.
Kritisches Denken und kreatives Gestalten mit KI
Von der Visualisierung von Glaubenssätzen und Konzepten bis hin zur Illustration eigener Webseiten bietet KI eine grosse Palette an Möglichkeiten der Auseinandersetzung. So können die Lernenden versuchen, abstrakte Konzepte oder Sachverhalte zu visualisieren, wie oben im Beispiel beschrieben. Lernende können auch eigene Bilder erstellen, die ihre Interpretation eines Themas widerspiegeln und kritische Denkfähigkeiten sowie kreative Problemlösungskompetenzen weiterentwickeln. Ganz wichtig dabei sind das Gespräch und der gemeinsame kritische Austausch über die Bilder.
In der Praxis hat es sich schon als hilfreich erwiesen, Methoden zu visualisieren und anhand eines Bildes mit einer Lerngruppe rascher ins Machen zu kommen. Weiter können Symbolbilder, Visualisierungen oder Illustrationen für eigene Präsentationen, Geschichten und (Lern-)Produkte aller Art verwendet werden. Auch die Kreation von Wimmelbildern ist möglich. Man denkt gemeinsam mit den Lernenden darüber nach, was ein typisches Wimmelbuch ausmacht und welchen Stil man anstrebt. Zuletzt sind auch reine Spassbilder denkbar, weil es schlicht ganz viel Freude macht. Siehe KI-generierte Bilder, die im Rahmen einer KI-Kunst-Woche entstanden sind: «Zur Vertiefung» (3).
Bildgeneratoren in der Schule – Warum?
KI im Allgemeinen und Bildgeneratoren im Speziellen werden aus unserer Welt nicht mehr verschwinden. Deshalb lohnt es sich, diese Phänomene in der Schule zu behandeln. Bing Image Creator & Co. können aus unterschiedlichen Gründen in der Schule eingesetzt und thematisiert werden. Hilfreich für die Einordnung sind der Lehrplan 21 und das Dagstuhl-Dreieck. Letzteres bietet einen Rahmen, um technologische Phänomene aus unterschiedlichen Perspektiven anzugehen und mit den Lernenden zu thematisieren. Siehe Erklärungen zum Dagstuhl-Modell in «Zur Vertiefung» (4).
Die bisher gezeigten Beispiele bewegen sich mehrheitlich auf der anwendungsorientierten Ebene. Im Unterschied zur Bildsuche mit einer traditionellen Suchmaschine lassen sich mit Bildgeneratoren passgenaue und einzigartige Bilder für ein spezifisches Thema generieren. Dabei zeigt sich rasch, dass (vergleichbar mit Textgeneratoren wie ChatGPT) die Fähigkeit, zielführende sprachliche Anweisungen zu verfassen, nötig ist.
Das Erstellen von Bildern für eigene Vorhaben ist zudem eine ausgezeichnete Möglichkeit, «mit Medien über Medien» zu lernen. Es bietet sich beispielsweise an, Themen wie Urheberrecht und Bias (Verzerrung) zu thematisieren und so eine andere Perspektive im Dagstuhl-Dreieck einzunehmen.
Bias – Die versteckten Botschaften
Man kann das Phänomen Bildgenerierung auch mit der gesellschaftlich-kulturellen Brille (3) betrachten. Das LLM der Bildgeneratoren ist mit Daten von Menschen gefüttert und trainiert worden und kann somit typische gesellschaftliche Biases (Verzerrungen oder Vorurteile) aufweisen. Es lohnt sich, mit den Lernenden Bilder zu analysieren, die auf gewisse Prompts ausgegeben werden. Warum ist es so, dass bei vier Anfragen zu Pflegeberufen mehrheitlich Frauen dargestellt werden? Und weshalb werden bei Führungspersonen meistens Männer dargestellt? – Solche Fragen helfen zu verstehen, dass auf bestehende Daten zugegriffen wird und die erzeugten Bilder nicht vor Stereotypisierungen und anderen verzerrten Darstellungen der Realität geschützt sind. Wie tief man als Lehrperson mit den Lernenden in die gesellschaftlich-kulturelle Ebene eintauchen kann und will, hängt vom Alter der Lernenden sowie vom Know-how der Lehrperson ab.
Informationsqualität und Fake News
Im Weiteren können Lernende Bilder bezüglich ihrer Echtheit analysieren. Zuerst erstellt die Lehrperson selbst Bilder und lässt diese von den Lernenden anhand verschiedener Kriterien analysieren. Sind die echt? Ist die Szene auf dem Bild wirklich denkbar und möglich? In einem weiteren Schritt können die Lernenden dann selbst Bilder erstellen, die von der Lerngruppe wiederum auf ihre Echtheit überprüft werden. Dies kann mit Elementen des Lehrmittels Connected oder den MIA-Stickerheftern vertieft werden. Siehe «Zur Vertiefung» (5) und (6).
Urheberrecht
Eine weitere Herausforderung generativer KI-Modelle ergibt sich im Zusammenhang mit dem Urheberrecht. Es stellt sich die grundlegende Frage, wem die mit KI-Tools generierten Inhalte gehören. Dies lässt sich aktuell nicht pauschal beantworten, da die Rechtslage von mehreren Faktoren abhängt. Diese sind unter anderem:
- Urheberrechtsgesetze des jeweiligen Landes
- Nutzungsbedingungen der Plattform, die die KI betreibt.
Bei der Nutzung von Bildgeneratoren ist es wichtig zu wissen, dass die Bilder nicht der Nutzerin oder dem Nutzer alleine gehören. Midjourney selbst zum Beispiel behält sich das Recht vor, die Bilder eigenständig zu vermarkten.
Es stellt sich die grundlegende Frage, wem die mit KI-Tools generierten Inhalte gehören. Dies lässt sich aktuell nicht pauschal beantworten.
Weiterentwickelte KI-Tools und Datenschutz
Wie alle Tools entwickeln sich auch die KI-Bildgeneratoren weiter. Ein grosser Schritt für viele Schulen in der Schweiz wird die Integration von Microsofts Copilot sein, die im Laufe des Jahres je nach Lizenzmodell vollzogen wird. Aber vor der Nutzung von KI-Tools wie dem Microsoft Copilot mit Schüler:innen werden nicht wenige datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden müssen. Auch Midjourney (siehe «Zur Vertiefung» 7 und 8) entwickelt sich permanent weiter. So ist im Januar 2024 die Alpha-Version 6 veröffentlicht worden. In der Folge werden durch weitere Updates noch realistischere Bilder und neue Möglichkeiten zur Comic-Erstellung möglich. Die Prompt-Struktur von Midjourney scheint deutlich überarbeitet worden zu sein und wird ein Umdenken erfordern. – Viel Spass beim Ausprobieren!
Autor: Andi Brugger (PH Schaffhausen)
15.03.2024
Zur Vertiefung
- Parameter anpassen in einem Prompt für Midjourney (Bildformat, Bildstil, Farbstimmung etc.)
- eBildungslabor von Neele Hirsch. Blog-Post Interaktive Übung zur Reflexion von KI
- Link zum Notizbuch (Evernote) mit KI-generierten Bildern im Rahmen einer KI-Kunst-Woche.
- Das Dagstuhl-Dreieck in Kürze erklärt.
- Lehrmittel Connected 1. S.52ff. Informationen auf den Puls fühlen
Lehrmittel Connected 4, S29ff. Fakes im Netz - MIA-Stickerheft
- Midjourney Homepage
- YouTube-Tutorial zur Installation von Midjourney
- AI unplugged. KI in der Schule ohne Strom thematisieren. Angebot von Stefan Seegerer und Annabel Lindner
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