Junge am Löten
Bild: Adobe Stock

#Making
Wie kann Making nachhaltige Entwicklung fördern? 

Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) will Lernende befähigen, Zusammenhänge zu erkennen, reflektiert zu handeln und Verantwortung zu übernehmen. Dabei sind Eigenschaften wie Kreativität, Teamfähigkeit und Problemlösekompetenz besonders gefragt, also genau jene Fähigkeiten, die im schulischen Making gestärkt werden. Making kann zum Lernraum werden, indem Nachhaltigkeit nicht nur thematisiert, sondern praktisch erlebbar wird. 

In Kürze zum Hören

Was ist Nachhaltigkeit? 

Nachhaltigkeit bedeutet heute weit mehr als Umweltschutz oder Ökostrom. Sie beschreibt ein umfassendes Leitbild für eine zukunftsfähige Entwicklung, das ökologische, soziale und ökonomische Ziele miteinander in Einklang bringt. Der Brundtland-Bericht der UN (1987) definiert nachhaltige Entwicklung als das Bemühen, die Bedürfnisse der Gegenwart zu befriedigen, ohne die Möglichkeiten künftiger Generationen zu gefährden. In einer Welt, die mit Klimakrise, Ressourcenübernutzung und wachsenden sozialen Ungleichheiten konfrontiert ist, braucht es tiefgreifende Veränderungen – in Wirtschaft, Politik und insbesondere in der Bildung.  

Making mit persönlicher und gesellschaftlicher Bedeutung 

Ein Brückenmodell konstruieren oder ein defektes Spielzeug reparieren? Nachhaltiges Making beginnt mit der Frage nach persönlicher Sinnhaftigkeit. Während ein Thema wie «Brückenkonstruktion» in der Regel von aussen an die Schüler:innen herangetragen wird, kann die Reparatur eines ferngesteuerten Autos ein individuell bedeutsames Anliegen mit konkretem Nutzen sein. 

Making wird dann nachhaltig, wenn es der Person wirklich etwas bedeutet. 

Genau dies ist zentral: Intrinsisch motivierte Projekte fördern die Identifikation, regen zur vertieften Auseinandersetzung an und erhöhen die Bereitschaft, sich bei der Lösungsfindung zu engagieren. Im genannten Beispiel mit dem ferngesteuerten Auto kommt zur persönlichen Relevanz ein gesellschaftlich-nachhaltiger Aspekt hinzu: die Verlängerung der Produktlebensdauer. Das fördert zusätzlich Selbstwirksamkeit und Autonomie jenseits konsumorientierter Lösungen. Im schuleigenen Repair Café reparieren Schüler:innen mit Unterstützung ehrenamtlicher Expert:innen ihre Velos, altes Spielzeug oder Geräte – mit dem Ziel, Ressourcen zu schonen und handwerklich-technische Fertigkeiten zu entwickeln.   

Making fördert nachhaltige Entwicklung: Elektroschrott wird wiederverwendet

Bild: Antoinette Massenbach, PHTG

Für Lehrpersonen bleibt die Herausforderung, Schüler:innen bei der Suche nach persönlich und gesellschaftlich relevanten Projekten zu begleiten. Orientierung können die 17 SDGs (Sustainable Development Goals) der UN bieten (1). Schüler:innen erkunden, ob sie ein Projekt finden, das sich einem oder mehreren der Ziele zuordnen lässt. So entstehen kreative, nachhaltige Prototypen wie die Videobeispiele von WILMA (Wir lernen durch Machen) (2) eindrucksvoll zeigen.  

Making mit Mass – Technologie clever nutzen

Braucht es wirklich den Lasercutter oder reichen eine Laubsäge, ein Handcutter und etwas Geduld? Wer die Möglichkeiten und Grenzen digitaler Geräte kennt, kann sie gezielt nutzen, etwa wenn feine Gravuren oder exakte Schnitte von Hand kaum umsetzbar wären. Statt direkt mit Maschinen wie 3D-Drucker oder Lasercutter zu arbeiten, sollten erste Entwürfe (Prototypen) aus Karton oder Restmaterial gebaut werden. So lassen sich Grösse, Funktion oder Passform vorab testen und unnötige Maschinenlaufzeiten, Ausschuss sowie Fehlversuche vermeiden. Ein Energiemessgerät kann helfen, den Energiebedarf der Geräte sichtbar zu machen und zur Reflexion über Energieeffizienz anregen.

Jeder dokumentierte Fehler verhindert neue Fehler. Das ist gelebte Nachhaltigkeit im Lernprozess. 

Ob fantasievolle Roboter, leuchtende Kunstobjekte oder selbstgebaute Lautstärkemesser für das Schulzimmer – in vielen Making-Projekten kommen elektronische oder mechanische Bauteile wie LEDs, Motoren oder Sensoren zum Einsatz. Diese müssen jedoch nicht neu gekauft werden.

Making fördert Nachhaltigkeit: Elektroschrott wiedeverwenden

Bild: Antoinette Massenbach, PHTG

In ausgedienten Geräten steckt oft mehr Wiederverwertbares, als man denkt. Das spart Geld, schont Ressourcen und fördert technisches Verständnis. Vorausgesetzt wird ein sicherer Rahmen. Hochspannungsbauteile und offene Netzteile gehören nicht in Schüler:innenhände.  

Die Lehrperson kann den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen auch direkt einfordern. Etwa durch Vorgaben, mit möglichst wenig Material auszukommen oder recycelte Werkstoffe zu verwenden. 

Geteilte Fehler – nachhaltiger Fortschrift 

Fehler gehören zum Making dazu – entscheidend ist, wie damit umgegangen wird. Eine positive Fehlerkultur trägt zur sozialen Nachhaltigkeit bei: Wissen wird zugänglich, Zusammenarbeit gestärkt. Werden Probleme dokumentiert und Erfahrungen geteilt, profitieren andere davon. So können Wiederholungen von Fehlversuchen, unnötiger Materialverbrauch und Frustration vermieden werden, etwa wenn beim Lasercutter die Materialdicke falsch eingestellt wurde oder wenn Überhänge beim 3D-Druck ohne Stützkonstruktion geplant werden.  

Alte Geräte sind kein Abfall – sie sind Schatzkisten für Maker:innen. 

Wer Fehler nicht versteckt, sondern transparent aufarbeitet, zeigt: Irrtümer sind keine Rückschritte, sondern notwendige Etappen auf dem Weg zur Weiterentwicklung. Dafür braucht es Mut und ein Umfeld, in dem sich Lernende angenommen und ernst genommen fühlen. 

Gerechtes und inklusives Making 

Bildung soll für alle sein, so wird der Anspruch im SDG4 «Hochwertige Bildung» formuliert. Making-Angebote wirken auf den ersten Blick oft recht techniklastig. Das könnte Schüler:innen, die sich weniger für Technik interessieren, abschrecken. Ein interdisziplinärer Ansatz, der technologische mit künstlerischen und ästhetischen Zugängen verbindet, kann diesem Problem entgegenwirken. So motiviert beispielsweise die Verbindung von Informatik und Theater auch weniger informatikaffine Schüler:innen für das Programmieren (3).  

Chancengerechtes Making in der Schule sollte ausserdem nicht ausschliesslich ein freiwilliges Zusatzangebot sein. Erst durch die Integration von Making in den regulären (Fach-)Unterricht wird sichergestellt, dass alle Schüler:innen erreicht werden – unabhängig von Geschlecht oder Lernvoraussetzungen. Auch die Lernumgebung trägt zur Inklusion bei. Makerspaces sollten u. a. eine barrierefreie Ausstattung aufweisen und beispielsweise sprachsensible Materialien für DaZ-Lernende sowie einfache, analoge Alternativen zu komplexen digitalen Tools bereithalten. 

Am Ende zählt die Haltung 

Making und Nachhaltigkeit gehören zusammen. Nachhaltigkeit zeigt sich dabei nicht nur im Materialeinsatz, sondern im Denken in Kreisläufen, in sozialem Engagement und im bewussten Umgang mit Technologien. Es geht nicht primär um das perfekte, wertige Produkt, sondern um die Entwicklung einer nachhaltigkeitsorientierten Haltung – im Kleinen wie im Grossen. Und wenn beim Anfertigen eines Prototyps doch mal Abfall anfällt, ist das kein Beinbruch. Prototypen sind Zwischenschritte, die helfen, Ideen zu entwickeln und Probleme kreativ zu durchdenken. Entscheidend ist der Bildungswert des Prozesses – im Sinne einer hochwertigen, zukunftsorientierten Bildung. 

Autor: Björn Maurer, PHTG

10.6.25

Zur Vertiefung

  1. Die 17 Sustainable Development Goals (SDGs) der Vereinten Nationen zeigen konkrete Handlungsfelder auf und unterstreichen die Notwendigkeit, globale Herausforderungen systemisch zu denken.
  2. Auf der WILMA-Plattform (Wir lernen durch Machen) finden sich Videos, die zeigen, wie Kinder und Jugendliche Prototypen zur Lösung von Nachhaltigkeitsherausforderungen präsentieren.
  3. Beim Ansatz «Informatiktheater» werden theaterpädagogische Ansätze und Programmieraktivitäten verknüpft. Hard- und Software werden genutzt, um interaktive Requisiten zu programmieren und Theaterszenen zu entwickeln
  4. Beispiel für ein Repaircafe an einer Schule in München: das-macht-schule.net/schulreparaturwerkstatt  
  5. Beispiele für Projekte im Bereich nachhaltiges Making auf der Plattform Tüftellab.de: https://tueftellab.de/makerspace/nachhaltigkeit-im-making/ 

Feedback

Ich fand diesen Text hilfreich:

Beim Speichern deiner Bewertung ist ein Fehler aufgetreten.

Vielen Dank für deine Bewertung.

MakerSpace im Schulunterricht
Bild: Nicolas Anderes (PHTG)

#Making
Pädagogisches Making

Beim Making entwickeln Schüler:innen eigene Ideen, sie testen ihre Lösungen und arbeiten dabei kreativ und selbstgesteuert. Making verändert die Art, wie Schüler:innen lernen und zusammenarbeiten. In diesem Beitrag erfährst du Grundlegendes zum pädagogischen Making und wie du es in deinen Unterricht bringen kannst – auch ohne einen voll ausgestatteten MakerSpace.  

In Kürze zum Hören

Was ist Making?

Mit schulischem Making können Schüler:innen ihre eigenen Ideen niederschwellig modellieren, diskutieren und gemeinsam weiterentwickeln. Bereits in der Anfangsphase finden Lernende heraus, ob ihre Idee Potenzial hat – und wenn nicht, ist das kein Problem. Denn das Scheitern ist beim Making nicht nur erlaubt, sondern ausdrücklich erwünscht. 

Die Verbindung von analogen und digitalen Werkzeugen eröffnet vielfältige Möglichkeiten: Vom Erstellen einfacher Modelle aus Karton bis hin zu komplexen Projekten mit dem 3D-Drucker oder der Programmierung von Robotern.

MakerSpace im Unterricht - die automatisierte Brücke

Bild: Nicolas Anderes (PHTG)

Technologien werden gezielt eingesetzt – etwa um Aufgaben zu bewältigen, die anderweitig kaum umsetzbar wären. So baut eine Schülerin beispielsweise ein Mini-Gewächshaus, das mit digitalen Sensoren für Feuchtigkeit und Temperatur ausgestattet ist. Das Erstellen von Prototypen steht im Mittelpunkt: Die entstandenen Produkte zeigen die Ideen der Lernenden und lassen sich durch Feedback weiterentwickeln. 

Bereits in der Anfangsphase finden Lernende heraus, ob ihre Idee Potenzial hat. 

Im schulischen Making gibt es keine Unterscheidung zwischen «kleiner» und «grosser» Kreativität. Ob es darum geht, eine kreative Lösung für ein Alltagsproblem zu finden oder an einem grösseren Projekt zu arbeiten, das vielleicht den Weg zu einer beruflichen Laufbahn ebnet – jede Form von Kreativität wird geschätzt und gefördert. Dabei eignen sich die Schüler:innen nicht nur technisches Know-how an, sondern erwerben auch wertvolle soziale und persönliche Kompetenzen: Zusammenarbeit, Kommunikation und Eigeninitiative werden mit Making auf natürliche Weise in den Arbeitsprozess integriert. 

Lehrperson hilft Schülern im Unterricht MakerSpace

Bild: Nicolas Anderes (PHTG)

Schulisches Making lässt sich gut mit Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) verbinden. Dabei setzen sich die Schüler:innen mit umweltverträglichen Materialien auseinander und entwickeln Projekte, die sich an den Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDG) der vereinten Nationen (1) orientieren. Dies fördert nicht nur technisches Wissen, sondern auch ein Bewusstsein für den verantwortungsvollen Umgang mit Ressourcen. 

Zusammenarbeit, Kommunikation und Eigeninitiative werden mit Making auf natürliche Weise in den Arbeitsprozess integriert.

MakerSpace als Lernraum

Im MakerSpace steht das selbstgesteuerte und praxisorientierte Lernen im Mittelpunkt. Anders als im Regelunterricht, wo oft klare Aufgaben und Lösungen vorgegeben sind, lädt ein MakerSpace dazu ein, eigene Fragestellungen zu verfolgen und kreative Lösungen zu finden. Es ist mehr als ein «Raum voller Werkzeuge». In vielen Schulen wurden in den letzten Jahren MakerSpaces eingerichtet. Dabei sieht jeder Raum anders aus und lässt sich den Bedürfnissen der Schule anpassen.

Anders als im Regelunterricht lädt ein MakerSpace dazu ein, eigene Fragestellungen zu verfolgen und kreative Lösungen zu finden.

Wie unterschiedlich MakerSpaces gestaltet werden können, zeigen die Videoporträts der fünf Schulen aus dem Projekt «Making-Erprobung TG». (2) (3)

Pädagogisches Making in der Volksschulgemeinde Nollen

Die MakerSpaces der porträtierten Schulen weisen gemeinsame Merkmale auf: So werden Materialien und Werkzeuge für die Besucher:innen gut sichtbar angeboten. Transparente Boxen, offene Regale und Beschriftungen helfen, dass alle Personen im MakerSpace Zugang zu den benötigten Ressourcen haben. Neben Alltagsmaterialien stehen auch Recyclingmaterialien zur Verfügung. Es gibt einen Bereich für digitale Fabrikation mit 3D-Drucker und LaserCutter.  

Die Lernumgebung ist flexibel. Es eignen sich Möbel mit Rollen. Sitzwürfel können schnell zu einer Couch oder einem Raumteiler umgebaut werden. Zur Verfügung stehen verschiedene Bereiche wie eine «Inspirationsecke» mit Projekten von anderen Maker:innen und Büchern, ein Bereich mit Recyclingmaterialien, ein bequemer Ort zum Nachdenken, ein Bereich für die digitale Produktion und ein Materiallager. 

Making im Klassenzimmer 

Du benötigst keinen MakerSpace, um Making in deinen Unterricht einzubinden. Starte mit einfachen «Challenges». Die Plattform «MakerStars» (4) bietet eine Vielzahl solcher «Challenges» (Unterrichtsideen) in drei Kategorien an: «ohne Strom» (aus Alltagsgegenständen kreative Objekte konstruieren), «mit Strom» (z.B. Stromkreise und Schaltungen entdecken) und «mit Computer» (Arbeit mit Mikrocontrollern).  

Wie lässt sich beispielsweise dein nächstes NMG-Thema auf lustvolle Weise mit anderen Fächern kombinieren? Überlege, wie dabei Kompetenzen aus verschiedenen Bereichen gefördert werden können. Gib deinen Schüler:innen die Freiheit, die Form ihres Produkts selbst zu wählen: Soll es ein Podcast, ein Werbefilm oder vielleicht ein kreativer Prototyp aus Karton und Styropor sein? Ermutige sie, ihre Ideen einzubringen und herauszufinden, welches Format sich am besten eignet, um das Thema lebendig werden zu lassen. Arbeite projektbasiert und fächerübergreifend. 

Es geht nicht darum, beim ersten Versuch alles richtig zu machen, sondern durch Versuch und Irrtum zu lernen.

Beim «Making» steht das Mindset im Vordergrund. Ermutige deine Schüler:innen deshalb, ihre Lösungen zu testen, zu überdenken und zu verbessern. Es geht nicht darum, beim ersten Versuch alles richtig zu machen, sondern durch Versuch und Irrtum zu lernen. Der iterative Prozess stellt einen Kernaspekt von Making dar. Weitere Ideen findest du im Praxishandbuch «Making und Schule». (5) 

Autorin: Sabrina Strässle (PHTG)

14.11.2024

Zur Vertiefung

  1. Ziele für nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen (UN)
  2. Videoporträt der VSG Nollen aus dem Projekt der PH Thurgau «Making Erprobung TG»  
  3. Videoportraits weiterer Projektschulen  
  4. Plattform «MakerStars» Challenges für den Unterricht
  5. Praxishandbuch «Making und Schule» als Open-Access-PDF.

Feedback

Ich fand diesen Text hilfreich:

Beim Speichern deiner Bewertung ist ein Fehler aufgetreten.

Vielen Dank für deine Bewertung.